Ich weiß das doch eigentlich…
Ich weiß, dass es irgendwann leichter wird…
Ich weiß, dass der Schmerz nachlässt…
Ich weiß, dass das Leben schön ist – auch ohne dich hier…
Ich weiß, dass du nicht ganz fort bist…
…und doch:
Du fehlst. Hier. Jetzt. Immer.
Ich stand auf dem Steg vor dem Büro, als der Anruf kam. Heute vor einem Jahr… Erlösend irgendwie. Und doch war *zack* kurz der Boden unter den Füßen weg.
Sie hat es geschafft.
Was denn, bitte?
Ich erinnere mich nicht an einen genauen Wortlaut vom Freund, der anrief, denn mein Verstand setzte kurz aus. Ich weiß auch nicht mehr, was ich geantwortet habe… Was kann man schon sagen, wenn jemand verstirbt, dem man einerseits aus ganzem Herzen Erleichterung wünscht und in der gleichen Sekunde das große Loch fühlt, dass ins eigene Herz gerissen wird?
Und doch: Bei all‘ dem Schmerz, es war gut so. Ich bin dankbar, dass du nicht länger leiden musstest. Krebs kann ein fieses Arschloch sein. Und ein Killer.
Was hattest du es schwer. Das mit dem Sterben ist gar nicht so leicht, wie oft behauptet wird. Jedenfalls nicht, wenn man nicht will. Denn obwohl Mut und Hoffnung aufgebraucht waren und der Körper gar nicht mehr der Deine schien: Dein Löwenmama-Herz hat jede Sekunde festgehalten an diesem Leben…
Das Kämpfen hat dich oft im Leben begleitet, das konntest du richtig gut. So zart deine Erscheinung auch wirken mochte, du hattest so richtig „Biss“.
Ich muss noch immer jedes Mal lachen, wenn ich „Roxanne“ von The Police höre – ja, und manchmal auch heulen… Du hast mir so stolz erzählt, wie du dich mit dem kleinen Sohn gebattlet hast, wer am zackigsten zu jedem „Roxanne“ im Lied einen Burpee hinlegt (fürs Protokoll: ich schaffe keinen einzigen *lach*)
Ich wollte googlen, wie häufig der Name im Lied gesungen wird. Das habe ich nicht herausgefunden. Allerdings weiß ich nun, dass das Lied von 1978 ist, also gar nicht so weit weg von unserem Geburtsjahrgang.
Unserem?
Ja, wir sind im selben Jahr geboren. Ich im Januar, du im Mai. Ich habe im letzten Jahr meinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert, du nicht. Ungerecht? JA!!!
Dennoch begleitest du mich im Herzen weiterhin bei jedem wichtigen Ereignis. Ich spüre deine Präsenz und weiß, dass wir nicht miteinander sprechen müssen, um uns nah zu sein.
Sie nehmen ab, die Momente, in denen ich spontan zum Telefonhörer greifen möchte und dir schnell was erzählen muss.
Ich habe verstanden, dass ich an der Abfahrt der Bundesstraße nicht mehr abbiegen muss, um zu dir zu fahren.
Dein Platz ist nun dort, wo du am liebsten warst: am Meer.
Draußen vor Strande am Leuchtturm hast du nun einen Platz in der Ostsee. Ich hadere ehrlich gesagt ein wenig damit, dass es nun keinen festen Platz gibt, wo ich dir „begegnen“ kann. Dieses „überall“ ist echt schwer zu greifen… Allerdings hast du es dir so gewünscht und genau genommen ist dein Platz am Strand von Strande. Punkt.
Was bleibt?
Ich weiß, dass deine größte Angst war, vergessen zu werden. Bekloppte Idee. Geht doch gar nicht.
Da sind sooo viele Erinnerungen in meinem Herzen. Angefangen von Kindergeburtstagen im Kindergartenalter über Kleingartenabenteuer und Gummitwisthüpfen in der Grundschule bis zu einer Wiederbegegnung nach einer Freundschaftspause in der Teenie- und Twenzeit beim Kinderwagenschieben (dieses Mal mit unseren Söhnen statt unserer Puppen)… Wir haben die Lebenswellen gesurft und uns so manches Mal gegenseitig zurück aufs Board geholfen, wenn eine ins Wasser fiel…
„Bitte mach das mit mir“
Mit diesen Worten hast du mir im September 2021 eine Werbe-Mail vom Muddy Angel Run weitergeleitet. Ich habe ohne Zögern die Buchungsseite für 2022 aufgerufen und Tickets für uns gekauft (by the way: ich hasse solche Events und hätte niemals freiwillig ohne Anlass gebucht).
Ganz ehrlich?!
Nach Erfahren deiner Diagnose habe ich nicht damit gerechnet, dass wir tatsächlich beide an diesem Event teilnehmen…
Doch:
…du hast der Prognose den Mittelfinger gezeigt und hast diesen Monaten noch irre viel Leben abgerungen und soooooooo viel gemacht, was du noch machen wolltest. Uns, die wir ohne dich hier bleiben, hast du damit so viel geschenkt. Einen großen Schatz an Erinnerungen…
…besonders für deine beiden Jungs bin ich unfassbar dankbar, was du da noch möglich gemacht hast.
RESPEKT!!!
Ich bewahre mir etwas von deiner Pippi-Langstrumpf-Mentalität und mache so gut ich kann ohne dich weiter, denn:
„Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.“
(Pippi Langstrumpf)
Kurz bevor ich diesen Beitrag fertig getippt habe, ist mir auf Instagram ein Beitrag von Manu begegnet: Sie hat wunderschöne Trauerkarten erstellt und eine davon passt so gut zu meinem Vermissen. Kurzum habe ich gefragt, ob ich dieses Bild für meinen Beitrag verwenden darf und sie hat JA gesagt ♥
Wenn ihr die Karten auch so schön findet wie ich, könnt ihr sie bei Manu bestellen (Verlinkung, weil’s so schön ist / unentgeltliche Werbung):
MANUmalt auf Etsy