Haaaach, hier entsteht etwas Neues: Mein Blog öffnet die virtuellen Türen für einen Gastbeitrag und ich freue mich wie Bolle, dass Irene einen weiteren Schritt in die Öffentlichkeit wagt.
Irene durfte ich vor einiger Zeit kennenlernen – 2018 war es bereits, habe ich gerade nachgeschaut. Da war ich zu Gast in ihrem Podcast „Was bleibt, ist deine Liebe“, der leider nicht mehr online ist. Ich habe aber tatsächlich noch die Aufnahme davon – das muss ich mir unbedingt noch einmal in Ruhe anhören ♥
Kürzlich bin ich Irene auf Instagram erneut begegnet, sie veröffentlicht dort nämlich jeden Sonntag Gespräche mit ihrer Trauer – ich lese das supergerne, ihr vielleicht auch?
Irene Kasapis ist geborene Münchnerin. Nach ganz viel Spiritualität kam die Kreativität in Form von Schreiben in ihr Leben.
Auf Instagram veröffentlicht sie ihre Gespräche mit ihrer Trauer und Geschichten über (innere) Reisen und natürlich: über Bücher und was diese in ihr bewegen. Im Moment schreibt die Autorin ein Buch über ihre Reise(n) mit der Trauer und wie sie es geschafft hat, in einer gesunden Beziehung mit ihrer Trauer zu leben.
Hier nun Bühne frei für Irene:
Nachdem meine Mutter starb, hinterließ sie ca. 500 Bücher. Ich kaufte mir den 16-teiligen Expedit Schrank, um diesen Berg von Büchern in meiner Wohnung überhaupt lagern zu können. Ihre Bücher waren größtenteils in den 50er und 60er Jahren gedruckt und haben meine Mutter durch bewegte Zeiten begleitet; eine Flucht aus der bis dato bekannten Heimat zum Ende des zweiten Weltkrieg, die Nachkriegsjahre und immer und immer wieder neu anfangen in wechselnden Städten.
Ich stelle mir vor, dass meine Mutter in den Jahren, die auf die Flucht gefolgt sind, die Bücher gebraucht hat, um sich an etwas Beständigem festzuhalten. Sie war auf jedes einzelne Buch stolz und konnte mir bei fast allen Büchern erzählen, wo sie dieses gekauft hat.
Über die zwanzig Jahre, die nach dem Tod meiner Mutter folgten, haben die Bücher auch mir Sicherheit gegeben. Der IKEA-Schrank war wie ein riesiger Altar zum Andenken an meine Mutter. In meiner unverarbeiteten Trauer, redete ich mir ein, dass solange die Bücher da standen und ich sie anfassen konnte, immer noch die irrationale Hoffnung bestand, dass meine Mutter zurückkommen würde. Nachdem das natürlich nicht geschah und mich die ungelebte Trauer zu ersticken drohte, begab ich mich auf die Suche nach Antworten. Ich begab mich auf meine ganz eigene Trauerreise und begann meine Trauer in mein Leben zu integrieren.
Und dann wurde mir der selbstgebaute Altar zu einem Sinnbild des riesigen Trauerberges, den ich mit mir rumschleppte. Jedes Mal, wenn ich wieder vor dem riesigen Ikea Schrank stand, wurde mein Herz ganz schwer und das Wissen darüber, dass meine Mutter nie wieder kommen würde, um sich eins ihrer Bücher zu holen, sank immer tiefer in mich rein. Eines Tages machte es dann „klick“ in mir und ich wollte anfangen MEIN Leben zu leben MIT der Trauer und nicht wie bisher bestimmt durch die Trauer. Und so begann ich mich, Schritt für Schritt, von den geliebten 500 Büchern zu trennen. Möglichkeiten wie Momox und Flohmärkte, alles war mir recht, mich von den Büchern zu trennen.
Ich habe wirklich nur noch drei Bücher aus der Sammlung meiner Mutter behalten. Diese hüte ich, wie einen Schatz, denn ich weiß, wenn mich die Trauer und Sehnsucht nach meiner Mutter überkommt, denn das tut sie und wird sie mein Leben lang tun, dann geben mir diese drei letzten Bücher Trost und Halt und ich fühle mich mit meiner Mutter verbunden.
Das Erbe der 500 Bücher
Dieses Bild ist von Irene selbst gemalt und findet daher auch einen Ehrenplatz ♥
Danke für dein Vertrauen, liebe Irene: Ich wünsche dir inspirierende Rückmeldungen zu deinem Schreiben und freue mich, wenn du mit Selbstsicherheit dein Herzensthema in die Welt trägst – wichtig und wertvoll!
„Mutige Frau!“ …diese Worte fielen heute in einem geschäftlichen Telefonat, bei dem die Sprache auf mein Buch kam, weil der Gesprächspartner auf LinkedIn einen Post von mir gesehen hatte…
Ich war erst verdattert, hab kurz hineingespürt, weshalb ich drüber „stolpere“ und habe dann ganz einfach „Ja. Danke!“ geantwortet.
Nun kreist seitdem dieses „mutig“ in meinem Kopf…
Bin ich mutig?
Weil ich über meine Trauer geschrieben habe? Weil ich ein Buch veröffentlicht habe?!
Hmmm…
…wahrscheinlich schon, denn es war und ist keinesfalls selbstverständlich, sein Innenleben so offen zu präsentieren. Und wie gerade kürzlich auf Insta diskutiert, herrscht „da draußen“ noch so viel Sprachlosigkeit angesichts trauernder Menschen… Ich bin sehr dankbar, dass es in „meiner Welt“ mittlerweile anders aussehen darf. An mir schätzen meine Gesprächspartner, dass eine Tiefe möglich ist, die sonst im Alltagsblabla nicht zugelassen ist. Mit mir kann man lachen, weinen, motzen, kichern, schweigen, diskutieren,… Ohne Tabu (jedenfalls kein vorher festgelegtes fällt mir ein) und ohne Zwang – einfach das, was gerade „dran“ ist.
Wandlung
Stück für Stück und Schritt für Schritt darf sich das Umfeld wandeln. Ich verändere mich und um mich herum verändert sich dadurch auch so vieles. Und weil sich mein Umfeld schon so gewandelt hat, fällt es mir manchmal gar nicht mehr auf, dass ich „anders“ bin – und das ist auch gut so. Denn es zeigt mir, dass ich mich (meist) im richtigen Umfeld bewege. Vielleicht kommen wir eines Tages sogar über die gesellschaftliche Sprachlosigkeit hinweg – ich trage mein Teilchen dazu bei.
Nachdem ich nun dieses „mutig“ eine Weile bewegt und durchdacht habe, freue ich mich drüber: Nicht im Sinne von Lob oder Schulterklopfen, sondern eher im Sinne von „Gesehenwerden“. Wunderbar, dass ich ausstrahle und äußere, was mir wichtig ist – und zwar so, dass es wahrgenommen werden kann. Bisher beschränkte sich das meist auf eine bestimmte – besonders empfindsame – Menschenart oder die Menschen, die mich wirklich gut kennen. Nun strahle ich wohl irgendwie anders. Lauter? Schön.
Wie mutig bist du?
Bist du ein Geschenk für die Welt?
(alles außer ein „JA“ ist hier nicht zulässig! ;0)
So ein Umzug ist ja im Alltag schon eine aufregende Sache – so auch, wenn ein Buch den Verlag wechselt.
Ich freue mich sehr, dass ich nun mit dem Emmarol Verlag zusammenarbeiten darf. Die Geschäftsführerin Anne Glunz habe ich durch ihre Kinderbuchreihe „Ida sucht das Glück“ kennengelernt und schätze sie als warmherzige, empathische und verbindliche Möglichmacherin ♥
Durch den Verlagswechsel erhält mein Buch eine neue ISBN, unter der es im Buchhandel bestellbar ist. Über den Verlagsshop könnt ihr natürlich gerne bestellen – oder weiterhin auch direkt bei mir per E-Mail an untroestlich.blog(at)gmx.de
Neue ISBN 978-3-9824196-5-7
Ich bin dankbar, dass mein Buch durch euch in die Welt getragen wird – das ist toll! …insbesondere in letzter Zeit erhielt ich viel positive Rückmeldung, dass mein Buch geschätzt wird. Das tut gut (der ein oder andere Selbstzweifel schleicht sich ja doch ab und an heimlich in den Kopf ;0) und freut mein Herz ♥
Du kennst jemanden, der/die ein toller Multiplikator für mein Buch sein könnte? Melde dich gerne, damit ich Kontakt aufnehmen kann. DANKE!
So, und nun lege ich die Füße hoch – nach einem Umzug darf man sich auch ein wenig ausruhen, oder?
Tataaa, es ist wieder so weit: ein Jahr ist rum, die alljährliche November-Blog-Aktion vom Totenhemd-Blog ruft – und ich bekam eine „Sondereinladung“ zur Teilnahme!!! Ich fühle mich zutiefst geehrt und möchte es nicht versäumen, an dieser Stelle die allerherzlichsten Geburtstagsglückwünsche an Sarah zu verschicken – hat sie doch extra diesen Tag für mich frei gegeben und dafür am 15.11.2022 mitgemacht:
Alles, alles Liebe zum Geburtstag, liebe Sarah!!!
Also, worum geht es in der diesjährigen Blog-Aktion? Wie folgt lautete die Ansage:
„Schreibe eine Kurzgeschichte egal welches Genre, ein Slam Poetry oder ein Lied. Die einzige Voraussetzung, das Wort „Totenhemd“ soll in deinem Text drin sein.“
Uff… Geschafft! Das Wort steht ja schon im Titel, dann bin ich fein raus ;0) Prosa??? Kannichnicht. Egal, ich mache trotzdem mit!
Nun zur eigentlichen Text-Aufgabe:
„Das macht sie nicht… Oder?!?“ etwas nervös hört man die Stimme…
„Neeein, das macht sie nicht.“ tönt es beruhigend zurück.
„Das macht sie NICHT!!!“ etwas lauter.
„Nein, nein, natürlich nicht, das würde sie nie tun…“ wieder beruhigend…
„Lasst mich mal durch, ich kann gar nichts sehen… Ach, schau, die Anja habe ich ja lange nicht gesehen. Gut sieht sie aus, so fröhlich.“
„Aber, aber, aber….. Guck doch!“ schrillt es alarmiert.
„Hör mal, sie weiß doch, wie wichtig… Aaaaaaaah!!!“
RATSCH!!!
„Um Himmels Willen, schau dir das an!“
„Es ist zum Heulen!“
„Das darf doch nicht wahr sein.“
„Ich fasse es nicht!“
Mit Tränen in der Stimme stammelt jemand: „Sie hat es einfach so… Zerrissen?!?“
Die Stimmen überschlagen sich beinahe vor Entsetzen und es herrscht große Unruhe und Geraschel. Wo? Na, im Kleiderschrank! Oh, das schöne blaue Dreieckstuch hatte ich ganz vergessen?! Muss ich unbedingt mal wieder tragen.
„Ja. Hat sie.“
Pullover, Blusen, Hosen, Kleider, Blazer, und was sich da sonst noch so tummelt, quatscht wild durcheinander… Falls jemand überlegt: Schlüpper und Socken können nichts sehen, die sind in der Kommodenschublade.
Der dunkelblaue Blazer rümpft empört die Nase: „Also, das hätte ich nicht von ihr gedacht!“
„Oh mann, was hat denn das arme Hemd getan, dass sie es so malträtiert?!“
„Schaut mal, jetzt nimmt sie das Teil und wickelt es um ein hellblaues Buch. Was soll das denn?“
„Ui, jetzt kommt noch ein Band drumherum – und oooh, eine Schleife. Das gefällt mir aber gut.“
„Spinnst du?! Wie kann dir sowas gefallen?! Sie hat das Hemd zerrissen! Zer-ris-sen!!!“
„Also ich möchte auch so eine schöne Schleife…“
„Ich glaube, es hackt.“
„Nein, guck doch mal, wie liebevoll sie das macht. Mit mir schimpft sie immer, wenn der Knopf nicht zu geht.“
„Ich finde das auch hübsch, was sie da gemacht hat. Das olle Hemd hatte doch wirklich keinen Pfiff, hing total langweilig herum. Nun ist es echt aufgewertet. Ich weiß allerdings nicht, womit es das verdient hat. Ts…“
„Pssst, es kann dich doch hören.“
„Na und?!“
…und wie es das hören kann: Das Stück Totenhemd strahlt und lacht unter seiner Schleife und zwinkert den übrig gebliebenen Kleiderstücken zu: „Tschüss, ich gehe jetzt auf Reisen. Ich fühle mich großartig, ist das aufregend!!!“
Und ich so?
Ach, das war eine gute Idee! Die Bücher sind nun gut geschützt und hübsch sieht es auch noch aus. So können sie sicher verschickt werden, da freue ich mich. Es ist doch aufwändiger als ich dachte, immer passendes Verpackungsmaterial parat zu haben, um Buchbestellungen zu bearbeiten – aber so ist es doch eine tolle Lösung.
Dieses Schlabberhemd ziehe ich ja doch nicht an, wenn es soweit ist. Das passt gar nicht mehr zu mir – und mal ehrlich: im Fall der Fälle, dass man doch „danach“ noch was spüren sollte, friere ich mir ja den Hintern ab. Nein. Ich halte fest, dass man mir anzieht, was ich zu der Zeit meines Todes am liebsten getragen habe – dazu muss ich meine Abschiedsverfügung natürlich regelmäßig anpassen… Und falls mich dann doch jemand in ein unbequemes Dingsbumms zwängt, erscheine ich als Geist und räche mich!
HEUTE ist erneut ein ganz besonderer Tag: Andreas starb vor nun 8 Jahren (whaaat?!) und ich feiere ihn hier und heute mit diesem Beitrag, den ich ihm zu Ehren schreibe. Auf DICH! Da oben oder wo auch immer du gerade bist:
Es ist so schön, dich in meinem Leben gehabt zu haben – und irgendwie weiterhin zu haben… PROST!
Fußnote: Ja, ich verschicke meine Bücherbestellungen eigenhändig mit viel Liebe und schaue auch, dass ich sie gut verpacke – sie werden jedoch nicht in Totenhemdfetzen gewickelt – das entsprang hier meiner Phantasie ;0) Wenn du noch kein Buch von mir hast und gerne eines hättest, melde dich gerne direkt bei mir – die Zusammenarbeit mit dem Verlag endet in Kürze, daher bearbeite ich Bestellungen höchstpersönlich, jawohl! Kurze Mail an untroestlich.blog(at)gmx.de
Wann ist denn das passiert?! Fragend schaue ich mich um. Nunja, ganz so überraschend war das ja nicht – aber nun überrollen mich doch Gefühle und Gedanken.
Du bist nun länger fort als wir gemeinsame Zeit hatten.
Zack. Das muss man erstmal sacken lassen, oder? Mich hat der Gedanke daran immer beschäftigt und irgendwie war es dennoch nie wirklich greifbar. Ist es das denn jetzt? Hm… Nein. Seltsam abstrakt umwabert mich dieses Gefühl des Vermissens…
Ich vermisse dein „huhu“ beim Heimkommen. Ich vermisse deinen Geruch – und manchmal weht mir dein Parfum auf der Straße in die Nase uns lässt mich lächeln… Ich vermisse deine Umarmungen – niemand kann so umarmen, wie du es tatest. Ich vermisse die Frau, die ich hätte sein können – mit dir an meiner Seite. Ich vermisse ein gemeinsames Leben, das sich so scheinbar unendlich vor uns ausbreitete.
Und doch: ich habe so viel… Und es ist auch schön, dieses Vermissen. Klingt seltsam? Vielleicht… Mir zeigt es aber sehr deutlich, was ich schon in meinem Leben an Schätzen gesammelt habe – die mir niemand niemals nehmen kann.
Ja, es tut tatsächlich gut, sich diesem Gefühl des Vermissens hinzugeben, einzutauchen… Es ist anstrengend und traurig und gleichzeitig unfassbar wertvoll.
Herz auf dem Findling am Grab im Ruheforst…
Dieses Herz, das eine Laune der Natur auf den Findling im Ruheforst bei Andreas‘ Grab hinterlassen hat – wie oft habe ich alleine oder gemeinsam mit dem Sohnemann hier gestanden und die Konturen nachgemalt. Anfangs konnte man auch noch unsere Initialen erahnen. 2 mal ein „A“ und ein Buchstabe für den Sohn… Wir gehörten ja zusammen, das war unverkennbar. Die Buchstaben verschwanden recht schnell unter Moosfasern und Gestrüpp – das Herz blieb erkennbar. Mittlerweile ist es verschwunden, die Oberfläche des Steins hat sich verändert, hat sich gewandelt. Stück für Stück… Wie so vieles in meinem Leben.
Dankbar
Dafür bin ich dankbar. Für die gemeinsame Zeit und auch umso mehr für die Zeit, die ich ohne Andreas weitergegangen bin. In diesen Tagen kommen erinnerungstagbedingt viele Erinnerungen an die gemeinsame Zeit hoch – und ich schaue sie mir mal mehr mal weniger aufmerksam an.
Überraschungen gehören auch in diese Zeit: ein Schreiben vom Erzbistum Hamburg, das jahreszeitlich angemessen auf Allerseelen Bezug nahm, wehte auf meinen Schreibtisch mit einem „mich haben die Worte bewegt, auch für Dich…“. Humpf, Kirche, na toll. Pff… Na gut, ich lese es… Ah… Oh… Na, das hat er aber wirklich einfühlsam formuliert. Schön… Huch? Ich finde das gut, was „einer aus der Kirche“ schreibt? Ja, denn er hat sehr schöne Worte gefunden, bodenständig, unaufgeregt… Ein Satz trifft mich dabei besonders ins Herz:
Es tut gut, der Erinnerung Raum zu geben.
(aus einem Brief des Erzbischofs Dr. Stefan Heße)
Beim Durchtauchen dieser Erinnerungen sammle ich Gefühle wie Blumen und Gräser… Hier ein Lächeln, da ein schmerzerfülltes Weinen, dort ein wohliger Schauer, ein Seufzer, wieder Tränen,… Also, wenn ich hier fertig bin, habe ich einen riesigen Strauß beisammen. Den werde ich in eine Vase stellen – ans Fenster ins Licht, damit er leuchten kann. Siehst du ihn?
Smile, though your heart is aching…
Was bleibt?
…ich kann es noch immer nicht aushalten, wenn eine ungerade Anzahl Kerzen brennt ;0)
Ja, so macht es vielleicht, wenn ich sterbe… Vorausgesetzt, ich liege dabei in einem Krankenhaus und bin an eine Maschine angeschlossen… Na, vielleicht (hoffentlich!) macht es nicht so, wenn ich sterbe – denn eigentlich möchte ich das irgendwann irgendwo in Frieden tun. Nundenn, aber irgendeinen Einstieg brauchte es ja für diesen Beitrag – denn ich schreibe erneut für eine November-Blog-Aktion des Totenhemd-Blogs und Petra rief auf zu Beiträgen zum Thema „Was wäre, wenn ich zuerst sterbe“ und dabei – ich zitiere: „Mit Humor und dem Schalk im Nacken“.
Alles, was mir zuerst in den Kopf kam, waren recht trübselige Gedanken… Gibt es doch Menschen in meinem Leben, von denen ich mich bald verabschieden muss – ob ich denn will oder nicht – und egal wie lustig ich es mir vorstelle, mich beim Sterben vorzudrängeln (haaalt!!! Ich zuerst!!! Schubs…), es kam doch immer wieder eine groooße Portion Traurigkeit hinzu…
So habe ich mir bei einem Spaziergang durch den Ruheforst Inspiration von meinen Lieblings-Aliens geholt. Menschen, von denen ich weiß, dass sie angesichts des Todes immer noch etwas zu Lachen finden können, wenn man sie lässt. Tausend Dank an Christine, Petra und Stefan!!! Ihr habt es geschafft, dass ich mich sehr beherrschen musste, im Ruheforst Ruhe zu bewahren und nicht lauthals zu lachen – ist ja schließlich kein Lachforst. Hätte ich das mal früher getan, dann wäre ich sicher auf die großartige Idee gekommen, Interviews zu führen… In solchen Gesprächen kommen nämlich unfassbar bunte Antworten, die es sich lohnen würde, zu sammeln… Schade, das Zeitfenster war nun etwas zu klein geraten, um das umzusetzen.
Tja, wie mag es denn nun sein, wenn ich zuerst sterbe?!? Hm, was bedeutet eigentlich dieses „zuerst“? Das bedeutet ja, dass irgendwer später stirbt als ich. Auf jeden Fall muss jemand übrig bleiben, der hier sicherstellt, dass ich mit Bömmeln im Sarg liege und sie mir nicht irgendwer mit einem „das macht man doch nicht!“ vom Kopf zupft, bevor der Sargdeckel geschlossen wird.
Wenn das nun tatsächlich frühestens in 50 Jahren geschieht – so ist es ausgemacht – gibt es so einiges einzupacken, fürchte ich. Vermutlich werde ich es nicht schaffen, so minimalistisch zu leben, wie ich es eigentlich tun könnte… Ich habe also sehr wahrscheinlich ganz schön viel Zeugs angesammelt, von dem ich mich nicht trennen mag. Und damit sich nach meinem Ableben niemand damit herumschlagen muss, könnte man das doch einfach mit in den Sarg packen, oder?!?
Heute habe ich gelernt, dass es XXL-Särge gibt. Es wird also zumindest ausreichend Platz für meine Teelicht-Sammlung geben. Die kann dann mit. Ich habe nämlich – oh Schreck! – beim Umzug feststellen müssen, dass ich teelichtkaufsüchtig bin. In unterschiedlichsten Schubladen habe ich wie ein Teelicht-Eichhörnchen (ist das dann ein Tee-Hörnchen?!?) solche Lichter gehortet. Auf einen Stapel geworfen sieht es so aus, als könnte ich damit bis mindestens in 50 Jahre auskommen. Wenn dann noch welche übrig sind (bestimmt!), kommen die mit in den Sarg. DAS wird ein Fest im Krematorium!!! Vielleicht nehme ich noch ein paar Wunderkerzen mit, die brennen immer so schwer an – mit dem Feuer und dem Kerzenlicht sollte das aber kein Problem mehr sein…
Ich liege also mit Bömmeln auf dem Kopf bei Kerzenschein und Wunderkerzenbritzelfeuerwerk und harre der Dinge, die da kommen mögen…
Und dann?!?
Ich stelle es mir schön vor „da drüben“, ruhig und lustig… Jede und jeder darf sein, wie er sein mag und niemand stört sich am jeweils anderen. So konfliktfrei könnte es langweilig werden, meinst du? Nein, nein…
Ich kann da ja auf einer Wolke mit der „Bömmel-Inspiratorin“ sitzen und Kirschen essen – vielleicht fällt dir die ein oder andere Kirsche vom Weitwurf auf den Kopf, dann weißt du, wer das war. Solange der Liegestuhl noch frei ist, würde ich mich zu ihr setzen und plaudern. Wie war es, wie ist es und wie wird es dort sein?!? Das stelle ich mir sehr wiedersehensfreudig und unterhaltsam vor.
Ach, guck… Wer kommt denn da? Oma! Ganz entspannt und jung wirkend… Sie setzt sich dazu und erzählt endlich einmal die Geschichten aus ihrem Leben, auf die ich so neugierig war, nach denen ich mich aber nie getraut habe zu fragen… Mein Opa schaut auch vorbei und erzählt diese Geschichten aus seiner Sicht. Er ist ja schon eine ganze Weile länger hier, da dürfen die Geschichten auch voneinander abweichen – das erinnert schließlich niemand mehr so ganz genau.
Ui, da ist ja auch… Und du… Und……. Wow, so viele schöne Begegnungen, Umarmungen, Geschichten – wenn ich mir das so vorstelle, werde ich direkt ganz sehnsüchtig.
Ich nehme mir eine kurze Auszeit und blicke mal zurück: was passiert denn „da, wo ich herkomme“? Ich wische ein paar Tränen fort, werfe Federn und Blätter in Herzform und male mit den Wolken, um zu zeigen, wie gut es mir geht…
Aber da… In Frankreich am Meer… Was ist da denn los? Dort sitzen drei ulkige Gestalten. Die haben tatsächlich Bömmel auf dem Kopf, die lustig wackeln. Nein, halt, einer davon hat sie um die Hüfte – na, das sieht ja witzig aus. Zehn Gläser Wein sind schon geleert, das erklärt so einiges… Vor ihnen im Sand steht etwas geschrieben… Ich muss einmal näher ran, um das zu lesen… Ach… Das ist ja ein Ding. Aus Kieseln haben sie eine Botschaft gelegt. Dort lese ich
MOIN
Ich bin ganz gerührt… Was passiert denn nun? Die eine holt ein großes Gefäß heraus. Ist das eine Tupperdose? Einmal geöffnet, kommt eine große Staubwolke aus ihr und entschwindet mit dem Wind aufs Meer… Die drei greifen noch hinein, holen das restliche Pulver heraus und werfen es mit einem „Tschüss“ in die Luft. (*) Ich kann nicht anders und puste aus der Gegenrichtung den Dreien ins Gesicht. Nun lache ich mich scheckig über die drei grauen Gesichter, in denen ich nur noch die Augen erkennen kann. Danke, ihr Lieben! Bis ganz bald!
Lachend kehre ich zurück auf meine Wolke, setze mich und baumle mit den Beinen. Da fällt mir ein: HEUTE ist doch ein ganz besonderer Tag! Der 17.11. war und ist ja nicht nur der Sterbetag von Andreas – nein, an dem Datum hat auch jemand Geburtstag!
Ich flitze also noch einmal los, schiebe und drücke Wolken in Position, hauche hier einen Schatten hin und puste dort eine Lücke frei… Dann ist es vollbracht. Am blauen Himmel steht nun:
Herzlichen Glückwünsch, liebe Sarah!!!
Jaja, ich weiß, da habe ich ü-Tüdelchen zu viel, die habe ich vergessen, wegzupusten. Macht nix. Ich hoffe, du hast einen zauberhaften Geburtstag und lässt dich feiern! Ich bin gespannt, wann wir endlich die gemeinsame Ballonfahrt gestartet haben werden oder ob wir doch nur gemeinsam ein Fischbrötchen am Niendorfer Hafen verputzt haben werden können sein (in 50 Jahren weiß ich das hoffentlich und verstricke mich nicht in grammatikalischen Zeit-Absurditäten)
Hach, was für eine Freude… Sterben? Kann ich. Gar nicht so schlimm – im Gegenteil.
Mir klingt ein „Huhu!“ im Ohr. Nanu, das kenne ich doch?!? Heyyyyy… Da bist du ja! 7 Jahre bist du nun schon nicht mehr hier… Aber ich weiß noch ganz genau, wie phantastisch sich deine Umarmungen anfühlen. Seufz… Wie wunderprächtig wäre es, mir heute eine solche abzuholen… Unfassbar lang her und gleichzeitig „wie gestern“: Erinnerungstage sind schon etwas ganz besonderes. Im kommenden Jahr wirst du länger tot sein als wir uns überhaupt kannten. Dieser Zeitpunkt erschien mir vor noch nicht allzu langer Zeit sehr seltsam, unwirklich – nun ist er so nah. Gleichzeitig fühlt es sich nun unwichtig an. Die Zeit mit dir war wertvoll, die Zeit ohne dich auch. Alles hat seine Berechtigung.
Nun, mit dieser etwas ver-rückten Geschichte habe ich mich durch die Zeiten gebeamt, Erinnerungen geweckt und Gefühle aktiviert. Wie du siehst, ist der letzte Beitrag hier im Blog bereits 1 Jahr alt – meine Trauer ist still geworden und braucht keine großen Worte mehr. Nichtsdestotrotz ist sie nicht weg, nur ruhig.
Ein Stück untröstlich und ein Teil von mir.
Danke, liebe Petra, für diese Blog-Aktion, die mir so viel Freude bereitet hat. Ich freue mich auf Zypern irgendwann!
(*)Wenn man so richtig viel in den Sarg packt, bleibt vermutlich mehr Asche übrig, als in eine Urne passt. Hier eine Phantasie, was man mit der überschüssigen Asche veranstalten könnte ;0)
Da ist er wieder… Dieser Jahrestag… Vor 6 Jahren hast du dich von dannen gemacht und der Tod war so präsent und schmerzhaft, uff.
Ich bedanke mich von Herzen bei den lieben Damen vom Totenhemd-Blog, die ihre alljährliche November-Blog-Aktion trotz oder gerade wegen C* gestartet haben.
Ohne diesen Impuls würde dieser Blog wohl weiter selig vor sich hinschlummern – aber so halte ich an dieser schönen Tradition fest, einen Beitrag zu Andreas‘ Todestag zu verfassen.
Was ist nun anders in diesem Jahr?
Es muss doch endlich mal aufhören… Diese Traurigkeit vor dem Jahrestag…
Das hat nicht etwa jemand zu mir gesagt – nein! Das habe ich mir selbst zugeschrieben. Ich habe mich so sehr verändert, es hat sich so viel gewandelt, ich bin so anders! Darf ich dann vielleicht tatsächlich einmal leicht durch den November hüpfen?! Denn: ganz ehrlich, es kotzt mich langsam echt an. Dieses Zurückgezogenfühlen, diese Schwere: wie ein Klotz am Bein, der mich am Hüpfen hindert.
Vielleicht
Ja, vielleicht wäre diese Leichtigkeit tatsächlich möglich gewesen – ich fühlte mich ganz bei mir, in Balance. In meinem Leben war und ist viel Herausforderung, aber ich fühlte mich dem durchaus gewachsen und war ganz auf das Leben fokussiert.
Tja, und dann? Dann kommt dieser Lockdown-light in der grausten Zeit des Jahres. So ziemlich alles, was mir Ausgleich und Glücksgefühl beschert, war auf einmal nicht mehr möglich: Sportstudio, Sauna, Essengehen, im Café sitzen, Konzerte hören,… Alles, was Farbe in mein Grau getupft hat – weg.
Was soll ich sagen? Ich habe meinen Farbeimer noch nicht wiedergefunden. Und so schaue ich auch zweifelnd auf diesen Jahrestag: Wie möchte ich ihn gestalten? Frei nehmen, den Tag in der Sauna und am Meer verbringen? Geht nicht. Im Café sitzen und gedankenverloren im Latte rühren? Geht nicht. Mit dem Sohn beim Lieblingsitaliener lecker essen und auf das Leben und auf Andreas anstoßen? Geht nicht. Kurz: alles, was ich an kleinen, feinen Ritualen liebe, um durch diesen Tag zu kommen, ist in diesem Jahr so nicht möglich.
Daher der Blick auf das, was möglich ist:
Vielleicht fahre ich nach der Arbeit beim Café vorbei und hole mir ein tolles Stück Torte zum Mitnehmen. Wenn ich gut geplant habe, habe ich bereits einen Kaffee an Bord – wenn nicht, gibt es dort sicher auch welchen außer Haus. Und dann geht es ab in den Ruheforst. Zwischen den Buchen dem Blätterrascheln lauschen, die Kraft der Bäume aufsaugen und aufs Meer schauen… Das stelle ich mir schön vor. Tja, und wenn das Wetter mir keinen Lichtstrahl präsentiert, sondern es tatsächlich Katzen und Hunde regnet?! Dann verlege ich das Kaffeetrinken entweder in die Stadt oder setze mich ganz gemütlich (und maskenfrei) zu Hause hin mit Kerzen und Musik… …und abends gibt es etwas Leckeres vom Lieblingsitaliener! Der bietet das Essen nämlich zum Abholen an.
Geht doch!
Und so werde ich mich nicht krampfhaft gegen die Erinnerungen wehren oder gar zu ignorieren versuchen, dass es dich in meinem Leben gab – du hast noch immer einen Platz in meinem Herzen, ist jawohl klar. Daher kann ich auch gar nicht anders: ich verbringe den Tag natürlich
nicht mit dir und nicht ohne dich!
Ich bin nun fest überzeugt, dass es trotz oder gerade wegen dieser besonderen Umstände ein schöner Tag wird. Tja, und falls es doch irgendwie alles doof und grau und traurig bleibt, greife ich auf die besonderen Menschen zurück, die wie der liebe Frederick fleißig Sonnenstrahlen, Farben und Wörter gesammelt haben und hole mir dort ein paar ab. Und letztlich: Morgen ist ein neuer Tag!
Lieben Dank an Frau Luna, die mir Worte schenkte, als sie mir für diesen Beitrag fehlten…
Heute ist ein ganz besonderer Tag: mein Blog hat Geburtstag!!!
Heute vor 3 Jahren bin ich mit „…ein Stück untröstlich“ online gegangen und seitdem steht mein Trauerblog mit meinen Gedanken nun für alle sicht- und lesbar im Netz. WOW!
Viel Herzblut ist in diesen 3 Jahren in und auf diese Website geflossen… Wie ihr nachlesen könnt, war ich am Anfang sehr viel aktiver als in letzter Zeit. Es passt gut zu meiner Entwicklung: mittlerweile sind es oft nicht mehr ganze Blogbeiträge, sondern eher kurze Impulse, die ich dann auf Instagram und Facebook teile. Eine Begeisterung für Social Media darf gerne stets mit einem Fragezeichen betrachtet werden – was ich jedoch unschätzbar wertvoll finde, sind die vielfältigen Angebote und Netzwerke, die dort gemacht werden. Toller, inspirierender, wertvoller Austausch (in der Regel auch wertschätzend!) findet dort statt und jede und jeder hat dort die Möglichkeit, für sich passende Kontakte zu knüpfen. Ich gestalte meinen Anteil daran gerne mit…
Während dieser 3 Jahre hat sich vieles bewegt. Als ich als Bloggerin mit dem Thema Trauer startete, gab es noch nicht allzu viele, die im Netz zu den Themen Sterben, Tod und Trauer veröffentlicht haben. Mittlerweile gibt es eine tolle, sichtbare, starke, bunte, vielfältige Community! …hm, da fällt mir mal wieder auf, dass meine Ver-LINK-te Trauer… bei weitem nicht alle Lieblingsseiten zeigt. Da geht noch was ;0)
The dash…
Als Geburtstagsspecial möchte ich ein englischsprachiges Gedicht mit dir teilen, das eine liebe Freundin im Irland-Urlaub entdeckte… Ein laminierter Zettel im Gras, ziemlich unscheinbar und doch so wertvoll mit seinen Worten, wie ich finde:
the dash – poem by Linda Ellis
I read of a man who stood to speak At the funeral of a friend. He referred to the dates on the tombstone From the beginning… to the end.
He noted that first came the date of birth And spoke of the following date with tears, But he said what mattered most of all Was the dash between those years.
For that dash represents all the time They spent alive on earth. And now only those who loved them Know what that little line is worth.
For it matters not, how much we own, The cars… the house… the cash. What matters is how we live and love And how we spend our dash.
So, think about this long and hard; Are there things you’d like to change? For you never know how much time is left That still can be rearranged.
To be less quick to Anger And show appreciation more And love the people in our lives Like we’ve never loved before.
If we treat each other with respect And more often wear a smile… Remembering that this special dash Might only last a little while.
So, when your eulogy is being read With your life’s actions to rehash… Would you be proud of the things they say About how you lived your dash?
(„The Dash Poem“ von Linda Ellis)
Ich weiß nicht, wie es dir geht – mir ist dieser Text sehr ans Herz gegangen… Dieser Strich, dieser Gedankenstrich zwischen zwei Daten… Wie häufig kommt er uns erst ins Bewusstsein, wenn er feststeht: wenn ein Leben zu Ende gegangen ist. So häufig ist das Bewusstwerden dann mit dem Gedanken verbunden „hätte ich/er/sie/es doch…“ oder „warum?“… Das schmerzt dann fies, oder?
Reflexion…
Vielleicht ist es mit Mitte 40 im Leben eh „dran“, Rückschau, Innenschau und Vorausschau zu betreiben… Ich kann allerdings nicht mit Sicherheit sagen, dass ich diese Reflexion ohne Andreas‘ Tod angegangen wäre. Wie auch immer: ich fühle mich dankbar, dass ich nun so bewusst durchs Leben gehe. Nein, nicht immer in jeder Minute und auch nicht an jedem Tag – aber sehr häufig:
Ich hole mir diesen „-“ ins Bewusstsein und prüfe, wie ich ihn für mich gestalten kann. An verrückten, glücklichen Tagen würde ich ihn am liebsten schnappen, aufpusten und mit dem entstandenen Luftballonstrauß durch die Gegend hüpfen. An nicht so leichten Tagen würde ich ihn lieber nur mit Bleistift ziehen oder noch lieber einfach übermalen. Wenn ich schon jetzt zurückblicke, mir meinen „-“ anschaue: ui, da ist ordentlich was los. So ein mit Tastatur getippter Bindestrich wird dem in keinster Weise gerecht. Und das ist gut so! Das Leben ist bunt!
Heute…
Ich schaue heute auch auf so einen „dash“: 1. Juli 2017 – 1. Juli 2020
Ich habe mit-bewegt und mitgeholfen, das Thema Trauer aus der Tabuzone zu holen. Darauf blicke ich nun ein wenig stolz zurück. Gleichzeitig habe ich vor, weiter mit-zu-bewegen… Denn, es gibt trotz aller Sichtbarkeit noch immer viel Handlungsbedarf. Da schwirren mehrere Ideen in meinem Kopf… Wollte auch längst endlich mal wieder etwas fürs Trauer-Radio aufzeichnen undundund… Gab es zwischendurch einmal den Gedanken, den Blog zu schließen und quasi einen Punkt hinter diesen Blog-Zeitraum zu setzen, fühlt es sich jetzt gerade anders an:
…ich darf hinter diesen Zeitraum die von mir über alles geliebten „…“ setzen, denn es geht ja weiter ;0) Wie und in welcher Intensität, das weiß ich Stand heute noch nicht. Wie lang und wie dick der Strich werden wird, zeigt sich beim Weitermachen <3
Ich habe von Kai ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen und freue mich sehr darüber: Dankeschön!!!
Kai betreut den Trauer-Chat auf trauer.de (siehe auch Ver-LINK-te Trauer…) und setzt sich dort sehr engagiert dafür ein, dass Trauernde sich als Selbsthilfegruppe online finden können.
Zugegebenermaßen habe ich das Buch mittlerweile schon sehr lange im Regal stehen und es hat mir häufig genug zugezwinkert „Hey, hallo?!? Du hattest eine schriftliche Rückmeldung versprochen – was ist denn nun?“
Ha! Heute nun ist es soweit: ich schreibe ein paar rezensierende Worte, damit ihr vielleicht ein wenig extra-Lust bekommt, euch das Buch zu kaufen…?
Ich kenne Kai nun eine Weile und habe ihn als herzensguten Menschen kennengelernt, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Zwei Eigenschaften von vielen, die ihn besonders ehren, finde ich… Nebenbei bemerkt, ist er der Mann meiner Trauerbegleiterin Gisela Sender – also keineswegs eine zufällige Namensgleichheit ;0)
Wie ist es denn nun?
Im „Chat-Style“ gedruckt, liest es sich erfrischend anders als Trauer-Ratgeber. Das Layout ist sehr abwechslungsreich und kitzelt das Auge: Textseiten schwarz auf weiß, Texte weiß oder gelb auf schwarz, viel Gelb, grau hinterlegte Kurznachrichten, Sinnsprüche auf farbigen Bildern,… Beim Durchlesen-am-Stück war mir das ehrlich gesagt etwas „too much“. Als ich das Buch aber jetzt anlässlich der Rezi wieder in die Hand genommen habe, fand ich das wiederum gut: das Buch ist ja nicht so geschrieben, dass man es von vorne bis hinten durcharbeiten „muss“, sondern man kann sich sein passendes Thema aussuchen. So kann ich das Buch durchblättern und mich inspirieren lassen, an welcher Stelle ich mit dem Lesen beginnen möchte.
Buchausschnitt „Wenn Trauer spricht“
Kai zitiert aus Kommunikationssträngen im Trauer-Chat, ergänzt angenehm lesbare Hintergrundinformationen, die die Lesenden nicht überfordern. Die Formulierung finde ich sehr unpathetisch – ich werde abgeholt, statt mich mit erhobenem Zeigefinger belehrt zu fühlen.
Erinnerungen, Schuld, Freundschaften, Feiertage, Einsamkeit, Spirituelles… Kai macht den Fächer breit auf und findet einen guten Mix aus Chat-Zitaten und Fachinformationen.
Manche Zitate „erwischen“ einen in ihrer puren und ergreifenden Wortwahl. Am liebsten habe ich noch immer dieses hier – das hat es auch aufs Cover des Buches geschafft ;0)
„Bist du etwa immer noch traurig?“
„Ja, denn er ist immer noch tot.“
Fazit: Ein Buch, in dem in erster Linie Trauernde zu Wort kommen – so fühlt man sich als Trauernde/r weniger alleine auf der Welt. Hintergrundinformationen bilden eine wichtige Informationsquelle zum besseren Verständnis von Trauer. Lesenswertvoll!
Verlag: BoD – books on demand ISBN: 978-3748139973
Ich grüble seit dem Wachwerden: Was war dein Lieblingsessen?! …es will mir nicht einfallen… Erst hat mich das ganz traurig gemacht. Wieso weiß ich das nicht mehr? Weshalb finde ich keine Erinnerung dazu? Vergesse ich?
Fakt ist: ich könnte es dir heute nicht kochen, weil es mir nicht einfallen will… Fakt ist auch: das macht nichts, denn du bist nicht hier…
Das 6. Mal schon…
Der sechste Geburtstag, den du nicht mehr mit uns gemeinsam feierst… 54 Jahre könnten wir heute feiern – wenndenndann… Nein, heute gibt es keine Party, kein Erinnerungsfeiern. Mir ist nicht danach. Aber ich fühle mich dir heute ganz besonders verbunden, bin in Gedanken bei dir.
„Du bist ein Geschenk…“
Was für eine tolle Wertschätzung, wenn man so etwas gesagt bekommt, oder? Ich fühle mich reich beschenkt, dass ich Menschen in meinem Leben habe, die solche Sätze zu mir sagen und denen ich solche Sätze sagen mag. …tja, und diese Menschen sind nur in meinem Leben, weil du nicht mehr da bist… Das fühlt sich ein wenig traurig an – aber tatsächlich nur ein wenig…
Denn… eigentlich bist du gar nicht so weg, wie ich das anfangs dachte (am Anfang der Trauerzeit). Es ist tatsächlich eine Verbundenheit geblieben und als Teil von mir, von meinem Leben, gehst du weiter mit mir mit. Jede/r auf der jeweiligen Seite… Zu spirituell? Zu abgedreht? Nein, finde ich nicht. Ich fühle mich frei, weil da diese Verbindung besteht. Ob das andere auch so fühlen, kann mir dabei gleichgültig sein.
Vor ein paar Tagen hast du mich im Traum besucht. Das war voll schön, denn ich hatte gar nicht mit dir gerechnet… Dein Bild war in meinem Alltag gar nicht so recht präsent. So war es schön, kurz mit dir zu reden – allerdings traumgesteuert, ich hatte da keinen direkten Einfluss… Ich glaube, das war ziemlicher Blödsinn, den wir da geredet haben ;0)
Rosenkohlabenteuer…
Nun ist mir auch eingefallen, dass es wohl gar kein Lieblingsgericht gab, das dein absoluter Favorit war. Du warst einfach stets sehr „dankbar“ beim Essen, hattest keine großen Ansprüche. In einem Haushalt groß geworden, in dem das Kochen eher „Glückssache“ war (wie oft habe ich wohl die Augen verdreht, wenn du mal wieder getönt hast, wie lange es angeblich gedauert habe, bis du wusstest, dass Rosenkohl beim Kochen nicht braun werden muss – hahaha…), hatte das Essen keine große Wichtigkeit.
Essen gehen, sich im Restaurant verwöhnen lassen – das hast du geliebt… In diesen Zeiten ist ein Restaurantbesuch nicht so schön, wie er sein müsste, um dich zu feiern… Wir holen das nach, ja?