Ich erinnere mich recht gut an Glückwünsche zu meinem zehnten Geburtstag, an dem ich beglückwünscht wurde, nun ein Alter „mit zwei Zahlen“ erreicht zu haben.
Da war ich stolz.
Heute… Heute bin ich nicht stolz. Ich blicke einigermaßen fassungslos auf diese „10“. Ein Atemzug, ein Gedanke und ich bin sofort an diesem 17. November 2014.
Das Schöne: Einen Atemzug weiter kann ich wieder die lange Zeit wahrnehmen, die zwischen dem Datum damals und dem heutigen Tag liegt.
Ich folge der mir lieb gewordenen Tradition, diesen Jahres-Beitrag im Rahmen der Blogaktion vom Totenhemdblog „Die letzte Reise“ zu schreiben.
Hier ist viel Raum für meine eigene Interpretation des Reise-Titels und ich nehme euch somit mit auf eine ZEITreise…
Trauer mit der Zeit
Dieses Bild ist mir häufiger begegnet und ich finde es sehr einprägsam.

Wie oft bekommen wir in unserer Gesellschaft noch immer vermittelt, dass Trauer mit der Zeit kleiner wird, abnimmt, vielleicht sogar eines Tages verschwindet. Ja, und manchmal hofft man es vielleicht als Trauernde/r selbst… Dass diese Vorstellung verkehrt ist und sogar verstören kann, mag ich so oft es geht wiederholen und in die Welt tragen.
Insbesondere am heutigen Tag merke ich, dass die Trauer noch genauso schmerzen kann, wie sie sich einst anfühlte.
Was einen Unterschied macht, ist, dass ich mich seitdem verändert habe. Ich bin mit und an meiner Trauer gewachsen, habe mir ein Leben gestaltet, in das ich meine Trauer integriert habe. Sie ist nicht mehr präsent, aber stets* willkommen.
Und: So stark, wie ich heute bin, kann ich die Erinnerungswellen gut aushalten und mit Liebe betrachten.
* Fußnote: Ich gebe zu, das ist ein wenig geflunkert – manchmal passt sie mir ehrlich gesagt so gar nicht in den Kram ;0)
Den Weg bis hierhin, bis heute, den könnte man auch als Reise bezeichnen. Meine letzte gemeinsame Reise mit Andreas…
Mit Andreas? Ja, ich habe mich nicht vertippt. Heute ist ein guter Tag für eine Gedankenreise, für Erinnerungen und für einen Spaziergang im Ruheforst. Gedanklich durchwandere ich auch diesen Blog und freue mich an den vielen Beiträgen, die ich verfasst habe. Anhand der Jahrestagsblogbeiträge kann ich besonders gut meine innere Wandlung nachverfolgen.
Eine kurze Reiseroute:
2023 – „Verstellbarbank“
2022 – Totenhemd
2021 – „Was wäre, wenn ich zuerst sterbe?“
2020 – „Nicht mit dir und nicht ohne dich“
2019 – „Fünf“
2018 – „Memento mori“
2017 – „Jahrestag“
2016 – Sauna-Tag an der Ostsee
2015 – Kurzurlaub mit Eltern und Sohn auf Sylt
2014 – …(seufz)
Ich wandere durch die Zeit und begegne vielen unterschiedlichen Varianten von mir. Ich sehe eine traurige Anja, eine wütende Anja, eine ruhige Anja, eine verzweifelte Anja, eine fröhliche Anja, eine…
Allen ist eins gemein: Sie sprechen aus, was wichtig ist. Sie teilen sich mit. Sie bewegen andere. Sie sprechen mit vielen über Trauer. Sie verändern in ihrem kleinen Universum die Sicht darauf, wie „man“ als Trauernde zu sein hat und wie nicht – und öffnen damit so manche Scheuklappensicht…
Sie lachen und sind lebendig. Sie wachsen über sich hinaus und genießen das, was da ist.
…und dennoch bleiben sie im Herzen
…ein Stück untröstlich.
Und das ist okay.
Abschied und Neubeginn
Warum nun „letzte gemeinsame Reise“? In mir ist das Gefühl, dies wird die letzte (Blog-)Reise mit Andreas, weil ich vermutlich im nächsten Jahr keinen Blogbeitrag anlässlich seines Todestages schreiben werde. Ich habe gar keine Worte mehr über die hinaus, die ich hier schon im Blog hinterlassen habe.
In meinem Leben habe ich mittlerweile so große Veränderungen geschaffen, habe Quantensprünge vollbracht (mehr dazu im Konfetti-Blog), dass meine Welt um die Trauer mittlerweile riesengroß geworden ist.
Andreas darf Teil davon bleiben, wie ein warmes Gefühl im Herzen. Er steht am Wegesrand und winkt fröhlich:
„Du machst das toll!
Sag Bescheid, wenn du mich brauchst, ich bin immer hier.“






















