Was wäre, wenn ich zuerst sterbe…?

Was wäre, wenn ich zuerst sterbe…?

Piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeep………

Ja, so macht es vielleicht, wenn ich sterbe… Vorausgesetzt, ich liege dabei in einem Krankenhaus und bin an eine Maschine angeschlossen… Na, vielleicht (hoffentlich!) macht es nicht so, wenn ich sterbe – denn eigentlich möchte ich das irgendwann irgendwo in Frieden tun.
Nundenn, aber irgendeinen Einstieg brauchte es ja für diesen Beitrag – denn ich schreibe erneut für eine November-Blog-Aktion des Totenhemd-Blogs und Petra rief auf zu Beiträgen zum Thema „Was wäre, wenn ich zuerst sterbe“ und dabei – ich zitiere: „Mit Humor und dem Schalk im Nacken“.

Alles, was mir zuerst in den Kopf kam, waren recht trübselige Gedanken… Gibt es doch Menschen in meinem Leben, von denen ich mich bald verabschieden muss – ob ich denn will oder nicht – und egal wie lustig ich es mir vorstelle, mich beim Sterben vorzudrängeln (haaalt!!! Ich zuerst!!! Schubs…), es kam doch immer wieder eine groooße Portion Traurigkeit hinzu…

So habe ich mir bei einem Spaziergang durch den Ruheforst Inspiration von meinen Lieblings-Aliens geholt. Menschen, von denen ich weiß, dass sie angesichts des Todes immer noch etwas zu Lachen finden können, wenn man sie lässt. Tausend Dank an Christine, Petra und Stefan!!! Ihr habt es geschafft, dass ich mich sehr beherrschen musste, im Ruheforst Ruhe zu bewahren und nicht lauthals zu lachen – ist ja schließlich kein Lachforst.
Hätte ich das mal früher getan, dann wäre ich sicher auf die großartige Idee gekommen, Interviews zu führen… In solchen Gesprächen kommen nämlich unfassbar bunte Antworten, die es sich lohnen würde, zu sammeln…
Schade, das Zeitfenster war nun etwas zu klein geraten, um das umzusetzen.

Tja, wie mag es denn nun sein, wenn ich zuerst sterbe?!? Hm, was bedeutet eigentlich dieses „zuerst“? Das bedeutet ja, dass irgendwer später stirbt als ich. Auf jeden Fall muss jemand übrig bleiben, der hier sicherstellt, dass ich mit Bömmeln im Sarg liege und sie mir nicht irgendwer mit einem „das macht man doch nicht!“ vom Kopf zupft, bevor der Sargdeckel geschlossen wird.


Wenn das nun tatsächlich frühestens in 50 Jahren geschieht – so ist es ausgemacht – gibt es so einiges einzupacken, fürchte ich. Vermutlich werde ich es nicht schaffen, so minimalistisch zu leben, wie ich es eigentlich tun könnte… Ich habe also sehr wahrscheinlich ganz schön viel Zeugs angesammelt, von dem ich mich nicht trennen mag. Und damit sich nach meinem Ableben niemand damit herumschlagen muss, könnte man das doch einfach mit in den Sarg packen, oder?!?

Heute habe ich gelernt, dass es XXL-Särge gibt. Es wird also zumindest ausreichend Platz für meine Teelicht-Sammlung geben. Die kann dann mit.
Ich habe nämlich – oh Schreck! – beim Umzug feststellen müssen, dass ich teelichtkaufsüchtig bin. In unterschiedlichsten Schubladen habe ich wie ein Teelicht-Eichhörnchen (ist das dann ein Tee-Hörnchen?!?) solche Lichter gehortet. Auf einen Stapel geworfen sieht es so aus, als könnte ich damit bis mindestens in 50 Jahre auskommen. Wenn dann noch welche übrig sind (bestimmt!), kommen die mit in den Sarg. DAS wird ein Fest im Krematorium!!! Vielleicht nehme ich noch ein paar Wunderkerzen mit, die brennen immer so schwer an – mit dem Feuer und dem Kerzenlicht sollte das aber kein Problem mehr sein…

Ich liege also mit Bömmeln auf dem Kopf bei Kerzenschein und Wunderkerzenbritzelfeuerwerk und harre der Dinge, die da kommen mögen…

Und dann?!?

Ich stelle es mir schön vor „da drüben“, ruhig und lustig… Jede und jeder darf sein, wie er sein mag und niemand stört sich am jeweils anderen. So konfliktfrei könnte es langweilig werden, meinst du? Nein, nein…

Ich kann da ja auf einer Wolke mit der „Bömmel-Inspiratorin“ sitzen und Kirschen essen – vielleicht fällt dir die ein oder andere Kirsche vom Weitwurf auf den Kopf, dann weißt du, wer das war.
Solange der Liegestuhl noch frei ist, würde ich mich zu ihr setzen und plaudern. Wie war es, wie ist es und wie wird es dort sein?!?
Das stelle ich mir sehr wiedersehensfreudig und unterhaltsam vor.

Ach, guck… Wer kommt denn da? Oma! Ganz entspannt und jung wirkend… Sie setzt sich dazu und erzählt endlich einmal die Geschichten aus ihrem Leben, auf die ich so neugierig war, nach denen ich mich aber nie getraut habe zu fragen… Mein Opa schaut auch vorbei und erzählt diese Geschichten aus seiner Sicht. Er ist ja schon eine ganze Weile länger hier, da dürfen die Geschichten auch voneinander abweichen – das erinnert schließlich niemand mehr so ganz genau.

Ui, da ist ja auch… Und du… Und……. Wow, so viele schöne Begegnungen, Umarmungen, Geschichten – wenn ich mir das so vorstelle, werde ich direkt ganz sehnsüchtig.

Ich nehme mir eine kurze Auszeit und blicke mal zurück: was passiert denn „da, wo ich herkomme“? Ich wische ein paar Tränen fort, werfe Federn und Blätter in Herzform und male mit den Wolken, um zu zeigen, wie gut es mir geht…

Aber da… In Frankreich am Meer… Was ist da denn los? Dort sitzen drei ulkige Gestalten. Die haben tatsächlich Bömmel auf dem Kopf, die lustig wackeln. Nein, halt, einer davon hat sie um die Hüfte – na, das sieht ja witzig aus. Zehn Gläser Wein sind schon geleert, das erklärt so einiges… Vor ihnen im Sand steht etwas geschrieben… Ich muss einmal näher ran, um das zu lesen… Ach… Das ist ja ein Ding. Aus Kieseln haben sie eine Botschaft gelegt. Dort lese ich

MOIN

Ich bin ganz gerührt… Was passiert denn nun? Die eine holt ein großes Gefäß heraus. Ist das eine Tupperdose? Einmal geöffnet, kommt eine große Staubwolke aus ihr und entschwindet mit dem Wind aufs Meer… Die drei greifen noch hinein, holen das restliche Pulver heraus und werfen es mit einem „Tschüss“ in die Luft. (*)
Ich kann nicht anders und puste aus der Gegenrichtung den Dreien ins Gesicht. Nun lache ich mich scheckig über die drei grauen Gesichter, in denen ich nur noch die Augen erkennen kann.
Danke, ihr Lieben! Bis ganz bald!

Lachend kehre ich zurück auf meine Wolke, setze mich und baumle mit den Beinen. Da fällt mir ein: HEUTE ist doch ein ganz besonderer Tag! Der 17.11. war und ist ja nicht nur der Sterbetag von Andreas – nein, an dem Datum hat auch jemand Geburtstag!

Ich flitze also noch einmal los, schiebe und drücke Wolken in Position, hauche hier einen Schatten hin und puste dort eine Lücke frei… Dann ist es vollbracht. Am blauen Himmel steht nun:

Herzlichen Glückwünsch, liebe Sarah!!!

Jaja, ich weiß, da habe ich ü-Tüdelchen zu viel, die habe ich vergessen, wegzupusten. Macht nix. Ich hoffe, du hast einen zauberhaften Geburtstag und lässt dich feiern!
Ich bin gespannt, wann wir endlich die gemeinsame Ballonfahrt gestartet haben werden oder ob wir doch nur gemeinsam ein Fischbrötchen am Niendorfer Hafen verputzt haben werden können sein (in 50 Jahren weiß ich das hoffentlich und verstricke mich nicht in grammatikalischen Zeit-Absurditäten)

Hach, was für eine Freude… Sterben? Kann ich. Gar nicht so schlimm – im Gegenteil.

Mir klingt ein „Huhu!“ im Ohr. Nanu, das kenne ich doch?!? Heyyyyy… Da bist du ja! 7 Jahre bist du nun schon nicht mehr hier… Aber ich weiß noch ganz genau, wie phantastisch sich deine Umarmungen anfühlen. Seufz… Wie wunderprächtig wäre es, mir heute eine solche abzuholen… Unfassbar lang her und gleichzeitig „wie gestern“: Erinnerungstage sind schon etwas ganz besonderes. Im kommenden Jahr wirst du länger tot sein als wir uns überhaupt kannten. Dieser Zeitpunkt erschien mir vor noch nicht allzu langer Zeit sehr seltsam, unwirklich – nun ist er so nah. Gleichzeitig fühlt es sich nun unwichtig an. Die Zeit mit dir war wertvoll, die Zeit ohne dich auch. Alles hat seine Berechtigung.

Nun, mit dieser etwas ver-rückten Geschichte habe ich mich durch die Zeiten gebeamt, Erinnerungen geweckt und Gefühle aktiviert. Wie du siehst, ist der letzte Beitrag hier im Blog bereits 1 Jahr alt – meine Trauer ist still geworden und braucht keine großen Worte mehr. Nichtsdestotrotz ist sie nicht weg, nur ruhig.

Ein Stück untröstlich und ein Teil von mir.

Danke, liebe Petra, für diese Blog-Aktion, die mir so viel Freude bereitet hat. Ich freue mich auf Zypern irgendwann!

(*) Wenn man so richtig viel in den Sarg packt, bleibt vermutlich mehr Asche übrig, als in eine Urne passt. Hier eine Phantasie, was man mit der überschüssigen Asche veranstalten könnte ;0)

In diesem Moment…

In diesem Moment…

Jedes Jahr erneut finde ich es schwierig, den Jahreswechsel zu feiern. Als eher trockenhumorig veranlagte Sprotte fällt es mir per se schon schwer „auf Knopfdruck lustig“ zu sein und quasi gezielt lustig auf eine Veranstaltung zu gehen (im Spontanfeiern bin ich hingegen ganz groß ;0).
Feste Termine wie eben Silvester sind solche Veranstaltungen, die mir irgendwie auf den Zeiger gehen – es wird gefeiert, ob „man“ will oder nicht.

Dabei sind wir doch alle groß und mündig genug, um für uns zu entscheiden, wann und mit wem wir feiern mögen… Und auch wie fröhlich diese Zeit verbracht wird – es liegt bei uns.

Manchmal vergesse ich diese Mündigkeit und fühle mich unter Druck gesetzt…
Spätestens im November kommen doch die ersten Fragen:

„Und?! Was machst du Silvester?“

…und zu dem Zeitpunkt will ich das noch gar nicht beantworten – und doch: den richtigen Zeitpunkt, um eine Feier zu bekommen, wie sie mir liegt – den mag ich nicht verpassen…

Ist das nun ein „Trauer-Phänomen“?! Nee, ich fand Silvester schon immer ziemlich doof und anstrengend.
Allerdings hatte ich in Partnerschaft stets die Wahl: Feiern oder gemütlich zu Hause bleiben… Nie musste ich in Betracht ziehen, alleine zu bleiben, denn ich war ja

Teil eines „Wir“

Mit dem Tod des Partners (oder der Partnerin) endet dieses „Wir“ abrupt und neben dem Schmerz des Verlustes stellt sich die Frage nach einer neuen Rolle: wer bin ich, wenn ich nicht mehr „die Frau von…“ bin?!
Dann kommt hinzu, dass Parties wie Silvester dafür prädestiniert zu sein scheinen, sie als Paar zu verbringen.

Bist du auf eine Feier eingeladen? Fühlt es sich an, als seist du der einzige Gast, der alleine kommt? Ich kann das Gefühl so gut nachvollziehen…
Fritz kommt mit Frieda, Hein und Kuddel sind auch als Frischverliebte dabei, Hans und Rita das alte Ehepaar, Gundel und Gundula glucken wieder den ganzen Abend zusammen,… Pärchen, Pärchen, Pärchen,…
Früher, ja früher warst du Teil eines Paares unter vielen… Seufz…

Aaaber hast du „damals“ auch XY gesehen, die alleine dazu gekommen ist? Sah sie glücklich aus? Hat sie ganz selbstverständlich mitgefeiert? Oder war sie eher bedrückt und wirkte, als fühle sie sich unwohl…? Hast du dich zu ihr gestellt und dich mit ihr unterhalten, gelacht, ernst geredet,…?
Ist es in deinem Freundeskreis selbstverständlich, dass jeder so willkommen ist, wie er eben gerade ist?

Also: es liegt an deinem Umfeld, an deiner Wahrnehmung, es liegt an deiner Einstellung, deiner Laune, deiner Stimmung,… Vielleicht fühlt sich das unkontrollierbar an, aber das ist es keineswegs: du hast es in der Hand!

Wäge doch in Ruhe für dich ab: möchtest du feiern? Ja/nein? Wenn ja: in welcher Gesellschaft fühlst du dich aufgehoben/getragen? Oder magst du alleine für dich feiern? Wenn nein: was tut dir gut? Kannst du den Abend gut alleine verbringen oder brauchst du eine Art „Backup“, falls es dir doch schlecht geht? Das Wichtigste aus meiner Sicht ist eine gesunde Selbstfürsorge…

Ich habe das erste Silvester ohne Andreas alleine verbracht. Es gab etwas Leckeres zu essen, Fernsehen und dann früh zu Bett. Ich wollte diesen Zauber nicht mitfeiern. Ich habe es gehasst, dass die anderen fröhlich gefeiert haben – dabei spürte ich einfach nur bodenlosen Schmerz und Vermissen. Trotzdem war es für mich die richtige Entscheidung, mich zurück zu ziehen.
Ich möchte dir gerne ans Herz legen, dass du genauso für dich prüfst, was für dich richtig ist.

Bei allem Tamtam um den Jahreswechsel… Der 31.12. ist doch trotzdem einfach

Ein Tag wie jeder andere…

Das Zählen der Tage ist menschenerdacht, nicht per se gegeben… Und in anderen Kulturen wird ein anderer Tag gefeiert…

Ob nun heute oder an einem anderen Tag: Wenn dieser vergeht, beginnt ein neuer Tag, eine neue Möglichkeit!
Macht dir das neue Jahr Bammel? Es ist auch „nur“ ein Tag nach dem anderen aneinandergereiht. Aufstehen, durchhalten, überleben,… Und mit jedem neuen Tag darf neues Leben zu dir kommen – du schaffst das!

Ich verbringe diesen Abend in Lieblingsgesellschaft. Dort bin ich willkommen, wie ich bin: fröhlich, nachdenklich, traurig, enthusiastisch, lachend, weinend,…

Um Mitternacht bin ich voraussichtlich am Meer und proste dir von dort aus zu:

Lass das Licht in dir scheinen…

Leuchtend hell oder zart und zögerlich… Ich werde dich sehen und dir gute Wünsche schicken – kannst du es spüren?!

…in diesem Moment!