…ich packe meinen Koffer und…

…ich packe meinen Koffer und…

Jetzt zur Urlaubszeit erinnere ich mich an den ersten Sommerurlaub nach Andreas‘ Tod. Vielleicht verreist du in diesem Jahr das erste Mal ohne deinen geliebten Menschen?

Ich habe damals bewusst ein neues Urlaubsziel für uns gewählt. Ab in den Süden, wo Andreas nie so richtig hinwollte („zu weit“, „zu heiß“,…). Außerdem kam es für mich nicht in Frage, an einen Ort zu reisen, wo ich die ganze Zeit über Erinnerungen „stolpere“ – im Alltag war das schon anstrengend genug. So war alles neu und anders.

Es war schwer, am Urlaubsort mit diesem „unvollständig“-Gefühl herumzulaufen. Einer fehlte ja… Außerdem lagen alle Entscheidungen und die ganze Verantwortung auf meinen Schultern. Niemand da, mit dem man Überlegungen und Sorgen diskutieren, Optionen gemeinsam eruieren kann. Das fiel mir echt schwer. Bei all‘ der Schwere hat mich das aber wachsen lassen. Schließlich bin ich doch ein eigenständiger Mensch und habe meinen eigenen Kopf und meine eigenen Vorstellungen…? Schön, das wiederzuentdecken! Ja, und es hat auch eine große Freiheit in sich: ich kann alleine entscheiden, also passiert genau das, was ich will und kein möglicherweise fauler Kompromiss ;0)

Heile Welt?!?

Als Trauernder schaut man fast ein wenig neidisch auf das, was die anderen haben und man selbst verloren, oder? Aber schau genau hin: die Traurigkeit verschleiert so manches. Schafft man es, genau hinzusehen, hebt sich der Schleier!
Und wenn man mal im Urlaub genau um sich schaut: da sind beileibe nicht alle im „Happy-Family-Modus“. Zank und Streit, genervte Gesichter, stundenlange Diskussionen, was am nächsten Tag unternommen werden soll… Kompromissverhandlungen: wenn wir morgen dies machen (was „sie“ will), machen wir übermorgen aber das (was „er“ will)… Oft gucken am Ende beide genervt…
Mich hat es häufig wütend gemacht, wie unachtsam die „vollständigen“ Paare und Familien miteinander umgehen. Manchmal hat man den Eindruck, sie wissen gar nicht, welch großen Schatz sie aneinander haben…

Aber letztlich kann ich nur für mich etwas ändern – wenn zum Beispiel mein Sohn und ich uns mal wieder zanken, wer den Abwasch an Urlaubstag 5 machen muss: einfach mal aus der Situation aussteigen… sich freuen, dass der andere da ist und überhaupt jemand zum Streiten da ist… Und dann: mal nachgeben und lachend zum Waschbecken zuckeln, auch wenn ich gestern schon dran war ;0)

Zurück aus dem Urlaub…

Ein Tipp, den ich gerne weitergeben mag: Wenn du das erste Mal „ohne“ verreist, stelle sicher, dass du nicht alleine bist, wenn du aus dem Urlaub zurück bist!
Warum das denn?!? Ich erzähle gerne mal, wie es bei mir nach dem Urlaub war:
Ich fühlte mich quasi wie Obelix – ich war ja wie in den Zaubertrank gefallen, denn ich hatte so viel schon alleine geschafft… Mein Sohn blieb bei Oma & Opa und ich freute mich eigentlich auf den Alltag ohne Erziehungsverpflichtung. Als ich heim kam, war das „er ist nicht mehr da“ noch einmal so richtig massiv. Auch wenn ich in der Vergangenheit ohne Andreas verreist war: bisher war er immer zu Hause, um mich zu begrüßen, um mir die schweren Taschen aus der Hand zu nehmen, Wiedersehensfreude, Glück,…
Tja, bisher… Stattdessen: ich ganz alleine… Einsamkeit… Ich hatte den Eindruck, dass die Wände immer näher kommen… Da war ein richtig fettes Tief und die Urlaubsentspannung direkt flöten…

Ich habe überhaupt nicht mit diesem Einbruch gerechnet – sonst hätte ich die Rückkehr sicher anders geplant, hätte eine Freundin verpflichtet, mir Gesellschaft zu leisten, hätte mir Hilfe zum Auspacken geholt, wäre am Rückkehrabend nett Essen gegangen,… Hätte-hätte-Fahrradkette… Nun, es war eine Erfahrung, die ich mir gerne erspart hätte – vielleicht hilft es dir, es für dich anders zu gestalten. Oder falls du selber gar nicht betroffen bist: vielleicht heißt du einen Trauernden, der aus dem Urlaub zurückkehrt besonders herzlich willkommen und bist einfach da?

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Quelle: Pixabay

3 Gedanken zu “…ich packe meinen Koffer und…

  1. Hallo liebe Anja,
    oh ja, dass kenne ich, dieses Gefühl … nach Hause kommen und niemand ist da, ER ! ist nicht da.
    Dieses Jahr bin ich auch ds erste Mal allein ( aber mit einer neuen Freundin, ide auch ihren Mann verloren hat) in den Urlaub gefahren. Es war trotz dieser Freundin nicht leicht, es war so schön auf Madeira, die Umgebung unser Apartement unsere Wanderungen… und fast immer im Kopf: oh, dass hätte ihm auch soooo gefallen, er fehlt mir!!
    Und die vielen Paare… in der Anlage, bei den Ausflügen, in den Restaurants… :((
    Ja schwer.
    Für s Heimkommen, hatte ich es so geregelt, dass mich mein Sohn vom Flughafen abholt.
    Was mir natürlich sehr half, auch wenn er dann nicht lange blieb.
    Und als Überraschung hatte ich von meiner Schwester eine Willkommenskarte im Briefkasten und von meiner anderen Schwester , just als ich die Wohnung betrat, eine Willkommens whats app auf dem smarthphone.
    So schön, dass sie an mich gedacht haben!!
    Mein Mann ist im Mai 2015 verstorben, ich habe ihn mit knapp 19 Jahren kennengelernt, wir hatten 35 Jahre miteinander …. er fehlt………

    Herzliche Grüße
    pennie

    Gefällt 1 Person

    1. Liebe Pennie,

      herzlichen Dank, dass du deine Gedanken mitteilen magst… Ich bin ganz gerührt… Es tut mir leid, dass du ohne deinen Liebsten weiterleben musst, das ist nach so langer gemeinsamer Zeit und Vertrautheit sicher schwer…

      Aber wie toll, dass du einen Urlaub ohne ihn gewagt hast. In netter Begleitung einer Freundin, die ähnlich fühlt – das war ein guter Plan, finde ich.
      …und er war ja die ganze Zeit dabei, in deinen Gedanken, in deinem Herzen, um dich rum… Er hat sich sicher ganz dolle mit dir mit gefreut…
      Oh, diese Ecken und Kanten, wenn man Paare sieht… Schwer… Aber du hast es geschafft! Tschakka!

      Wie wunderbar, dass du bei Rückkehr nicht auf dich alleine geworfen warst. Was du berichtest, ist ja eine schöne Mischung aus geplanter Selbstfürsorge und Überraschungsmomenten – klasse :0)

      Alles Liebe für dich!
      Herzliche Grüße
      Anja

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