Völlig gedankenverloren stehe ich abends im Bad, träume so vor mich hin, leicht müde vom Tag,…
Rechte Hand… Ring abstreifen… Ring hinlegen…
Linke Hand… Ring abstreifen… äh… Ring ab… ääääähhh…? Wie jetzt?!? Zack, hellwach und alarmiert ein ungläubiger Blick auf meine linke Hand: leer!
Er. ist. weg.
Ich bin einfach nur verdattert, irgendwie überfordert und ja, einigermaßen fassunglos. Mein Ring ist einfach nicht mehr da, wo ich ihn glaubte zu wissen.
Ich habe nichts bemerkt, ich habe bis zu dieser Sekunde nichts vermisst… Wie kann das sein??? Dieser Ring ist mir sooo wichtig und nun *schwupps* ist er nicht mehr da…?
Hab ich ihn schon abgelegt und es nicht gemerkt? …nein.
Ich hätte immer gedacht, ich verzweifle, sollte ich diesen Ring jemals verlieren – ich wäre tieftraurig und betrübt… Aber: bin ich nicht! In mir ist diese seltsame Ruhe… „Gut, dann soll es so sein.“ Vielleicht liegt er irgendwo… Vielleicht auch nicht…
Der Ordnung halber: ich habe die ganze Bude auf den Kopf gestellt, meinen Sohn verrückt gemacht, alle Taschen durchwühlt, wäre beinahe durch den Schnee gestapft, um alle Wege des Tages noch einmal abzulaufen… So viel zu dieser seltsamen Ruhe ;0)
…aber dennoch bleibt dieses Gefühl, dass es genau richtig so ist. Vielleicht war dieser Ring ein symbolischer Begleiter für die letzten 2 1/4 Jahre… Und nun ist es Zeit, neu zu denken…
Ich konnte mich so wunderbar an ihm „festhalten“. Es war ein silberner Drehring mit zwei darauf drehenden Ringen… Wenn ich Halt brauchte, konnte ich mich mit diesen beiden Drehringen beschäftigen – das war wie eine Erdung für mich. Ganz wunderbar…
Und nun?
Bin ich nun halt-los?
Nein, ganz und gar nicht. Ich fühle mich mittlerweile tief in mir gefestigt. Obwohl „fest“ irgendwie falsch ist. Habe ich doch für mich gelernt, dass man sich manchmal einfach umpusten lassen muss – mit der Bewegung, mit der Welle, mit dem Sturm (was auch immer) mitgehen, statt sich dagegen aufzulehnen. Das spart wertvolle Energie und hilft dadurch einfach, durchzuhalten…
Für eine Weile war mir dieser Ring aber ein wertvoller Begleiter… Es war kein Ehering oder sonst ein Ring, den ich von Andreas geschenkt bekommen hätte. Ich habe ihn mir selbst geschenkt – vielleicht macht es ihn daher noch wertvoller…?
Von Andreas hatte ich einen Ring geschenkt bekommen, den ich sehr liebte und der mich stets begleitet hat. Ungefähr ein dreiviertel Jahr nach seinem Tod konnte-wollte ich diesen Ring nicht mehr tragen. Von einem Moment zum anderen fühlte sich das total falsch an. Ich habe ihn versuchsweise abgelegt und in ein kleines Schatzkästchen getan – das war besser.
Nun fehlte aber ein Ring am Finger – der Platz durfte nicht leer bleiben… So habe ich ein wenig recherchiert und solche Drehringe entdeckt. Das gefiel mir ganz extrem gut. Im Kontakt mit der Goldschmiedin habe ich mir mein ganz persönliches Modell kreiert… Der schön geschwungene Silberring trug einen schmalen Silberring mit dem Aufdruck
„Alles ist gut – anders, aber“
Andreas hat so oft zu mir gesagt „alles ist gut“, das ist sehr hängen geblieben… Im Kreis geprägt war das mein Mantra: „Alles ist gut – anders, aber alles ist gut – anders, aber alles ist gut – anders, aber alles ist gut………“

Als zweiten Ring habe ich mir einen schmalen rotgoldenen Ring gewünscht – auf diesem waren die Koordinaten von Andreas‘ Ruhestätte im Ruheforst gedruckt.
An dieser Stelle einen lieben Gruß an Sonja Thiemann, die den Ring für mich gefertigt hat – *klick* ihr Shop… ♥
…vielleicht werde ich Kontakt aufnehmen und mir einen neuen Ring bestellen – wer weiß *lach*

Tja, nun ist er weg…
Es fühlt sich gut an, dass ich nicht von elender Verzweiflung überspült werde und unsagbar traurig bin.
Ich gebe zu: die Perfektionistin in mir hat ganz schön herumgezickt:
„Warum hast du denn nicht besser aufgepasst???“
„Du Schussel…“
„Weißt du eigentlich, was der gekostet hat???“
„Wieder nicht gut genug drauf geachtet…“
Kopfschüttel…
„Musste das jetzt sein?“
Tja, statt ihr beizupflichten habe ich sie nett angelächelt, ihr über den Kopf gestreichelt und zu ihr gesagt:
Alles ist gut ♥