Moin!

Moin!

Also manchmal… Manchmal drehe ich mich suchend um mich selbst und würde am liebsten rufen:

Wer hat denn das bestellt?!?

Es gibt ja echt Phasen, da denkst du, dass irgendwie alles, was schief laufen kann, auch definitiv schief läuft: Zack, noch einen drauf… Ach, und schau mal das hier: Zack…

Durch die ersten Probleme boxt du dich durch. „Es ist eine Phase. Die geht vorbei. Wird schon. Durchhalten. Ich schaffe das!“

Aber irgendwann fragst du dich: „Was denn noch alles?!“ und es fühlt sich an, als dauere diese „Phase“ laaange… Viel zu lange. Vielleicht hört sie auch einfach nicht mehr auf?!?

„Die ist stark, die hält das aus!“

Nee, hält sie eben irgendwann nicht mehr, auch wenn sie noch so stark ist. So ein Marathon war nämlich nicht geplant. Dafür hat sie nicht trainiert…

…und als Freundin oder Freund stehst du daneben und bist auch irgendwie hilflos. Du bist einfach da, hörst zu, hältst (mit) aus, schenkst Umarmungen, trocknest Tränen,… Was richtig gute Freunde halt so tun… Wunderbar, und doch…

Freundschaft alleine reicht vielleicht einfach nicht aus, wenn da jemand nicht an, sondern über seinem Limit ist und in die Knie geht.

Oh, diese Blicke… Besorgt, bekümmert, und doch vor allem eines: ratlos…

Was kann man denn bloß tun, damit es ihr/ihm wieder besser geht?! Ich sehe, dass du leidest und kann doch nichts tun.

„Das ist ja kaum auszuhalten!!!“

Stimmt genau! So ist es. Es ist so unsagbar schwer auszuhalten zu sehen, dass es jemandem nicht gut geht. Dieser Mensch ist mir doch so wichtig und ich würde alles tun, damit sie/er es wieder leichter hat.

Braucht es professionelle Hilfe? Und wie kommt man da ran?! Ich denke, meist sieht man den Bedarf sehr viel früher als der/die Leidende es selbst bemerken kann. Da ist es eine riiiiiiesige Herausforderung, die richtige Balance zu finden. Gebe ich einen Hinweis? Und wenn ja: wann?
Wichtig finde ich, dass letztlich die Entscheidung, Hilfe von „außerhalb“ einzufordern, beim Leidtragenden selbst liegt. Das kann niemand abnehmen oder übernehmen – das ist sowas wie übergriffig oder gar entmündigend. Warte (möglichst geduldig) ab, ob du etwas übernehmen/abnehmen sollst…

Lass dich ermutigen: denke daran, dass Ratschläge auch -schläge sind… Du findest sicher den genau richtigen Weg, um deine/n FreundIn zu erreichen!

…aber manchmal ist professionelle Hilfe gar nicht das „Mittel der Wahl“ und trotzdem kann man einfach „nichts“ tun… Außer Da-sein und Aushalten. Das ist schwer und fühlt sich oft so an, als tue man nicht „genug“ – dabei ist es ein so großes Geschenk für den Menschen, der es gerade so schwer hat.

Dann noch die „richtigen“ Worte finden… Puh, was kann ich bloß Aufmunterndes sagen?!

„Schau, das Wetter ist doch so schön. Geh‘ doch mal spazieren.“

„Guck nach vorne – das Leben geht weiter.“

Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!!! Bitte nicht!

Natürlich stimmt das alles und ist gut gemeint. Aber nein: es hilft nicht! Bullshit sagt man dazu – und wenn du magst, kannst du gleich Bingo spielen (klick – hier findest du eine von TrauerbegleiterInnen erstellte Sammlung für ein Trauer-Bullshit-Bingo*).

Katy von Seelensport* hat hier auch hilfreiche Worte gefunden: klick

Hm, was sage ich denn dann?!

Meine absolute Lieblingsphrase heißt momentan:

„Moin“

…und zwar seit ich eine Postkarte entdeckt hatte, auf der stand „Ein Moin sagt mehr als 1000 Worte“.

Okay, das ist jetzt sicher ein wenig Norddeutsch-speziell. Vielleicht passt im Süden eher ein „Griaß di“ oder so?! Asche auf mein Haupt, ich habe keine Ahnung, was ein passendes Pendant wäre ;0)
…oder passt das „Moin“ nach meinem Text einfach überall für alle?!

Egal… Was ich sagen will ist, dass so ein knapper Gruß so viel ausdrücken kann, was nicht gesagt werden kann oder muss. Nur statt vor lauter Angst, etwas Falsches dann lieber gleich gar nichts zu sagen – dann doch lieber sowas Kurzes, von Herzen Kommendes.

Beide Seiten können ihre ganz eigene Interpretation hineinlegen. Am Ende bedeutet es für jede/n etwas Anderes?! Auch egal… Was zählt, ist das Signal, finde ich:

Da denkt jemand an mich und sieht, wie es mir geht

Ich finde, dass so ein Gedanke schon enorm hilft und Kraft gibt. Nein, das ganz persönliche Leid ist dann nicht weg… Aber vielleicht, ganz vielleicht huscht die Andeutung eines Lächelns übers Gesicht ♥

Wenn man es (gemeinsam) durch diese schwere Zeit schafft, ist irgendwann früher oder später auch ein Ende dieser Kraftlosigkeit unter Belastung abzusehen… Eine Phase darf enden und es ist wieder Zeit, Luft zu holen:

Die Boxhandschuhe an den Händen… Trippelnd… Bereit für das, was da kommt…..

„Liebes Leben, du schaffst mich nicht! Ich bin nicht alleine – ich boxe mich da durch und wachse!!!“





* Werbung aus Überzeugung ;0)

7 Gedanken zu “Moin!

  1. Ich verstehe sehr gut was du sagst und schreibst.
    Mir hilft es, wenn ich dann beinah sehr überrrascht bemerke, dass ein Vogel, am liebsten ein Rotkehlchen, mich erfreut, das mir über den Weg hüpft oder ein warmes Bad am Abend. Liebste Grüße corinna

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