Immer da…

Immer da…

„Ich bin jetzt immer da, wo du nicht bist.“
(Element of Crime)

…und das ist nicht immer Delmenhorst. Sehr, sehr häufig nicht. Also: fast nie ;0)

Hier im Süden mit Blick auf die Adria – so herrlich, so entspannend, so weg von allem… Es tut mir weiterhin so, so sehr gut, den Urlaub dort zu verbringen, wo du nie warst.

Einmal im Jahr so richtig raus aus dem Alltag. Circa 1.600 Kilometer zwischen Daheim und hier… Das hilft mir beim Abschalten und erdet mich ganz wunderbar.

Häufig wandern meine Gedanken zurück zum „ersten Mal“. Das erste Mal alleine in den Urlaub nach Andreas‘ Tod… Natürlich war Sohnemann dabei – aber einer fehlte halt. Das war einerseits unfassbar schwer auszuhalten – andererseits einfach toll, ganz mutig etwas Neues zu wagen… Und: neue Erinnerungen zu schaffen, die einigermaßen unbelastet sind.

Tschakka, ich schaffe das!

Frei von Trauer war der Urlaub nicht, sie urlaubte mit und ab und an war ich einfach nur traurig… Aber weit weg vom Alltag war das gut auszuhalten – und es war eben Zeit, sich darauf einzulassen.

Ich erinnere mich hier zurück – von einer Dachterrasse aus auf das Meer schauend… Über mir die Sterne, die hier so unglaublich nah scheinen, die viel zahlreicher wirken ohne das Licht der Städte (okay, jetzt gerade blendet das Laptoplicht – aber das schalte ich ganz bald ab)…
Hier saß ich vor 3 Jahren und habe ganz intensive Gespräche mit einer lieben Urlaubsbekanntschaft geführt… Es war so schön, dass sie sich auf mich eingelassen hat – dass sie aushalten konnte, wie traurig ich gerade bin – und dass ganz wunderbare Gespräche möglich waren.
Gleichzeitig zu diesen tiefgehenden Gesprächen war ganz viel Leichtigkeit möglich – ganz viel Fröhlichkeit und Ausgelassenheit. Urlaubsstimmung pur mit einer netten Runde Urlaubsbekanntschaften. Wir haben viel gelacht und einfach eine gute Zeit gehabt – eine Auszeit vom schwer zu bewältigenden Alltag…

Pag2018
Foto: Anja Pawlowski

Meine liebe Gesprächspartnerin und ich haben uns seit diesem Urlaub leider nur auf Facebook wiedergetroffen – aber sie trägt ein Stück meines Herzens bei sich und ich glaube, ich trage ein Stück von ihrem mit mir: Schön, dass es dich gibt ♥

„Die tut nix, die will nur Urlaub machen!“

Was mich in jedem Urlaub irritiert: Frauen reagieren irgendwie seltsam auf alleinreisende Frauen im Urlaub. Das ist jetzt sicher kein Phänomen, das insbesondere Trauernde erfahren, sondern eher ein Alleinerziehenden- oder Single-Phänomen – aber häufig trifft es ja auch Trauernde, die durch den Tod ihres Partners alleinerziehend oder alleinstehend geworden sind.
Im letzten Jahr war ich sogar ohne meinen Sohn im Urlaub – da war das Ganze noch mal verstärkt zu spüren.

Du liebe Güte… Nur, weil ich alleine unterwegs bin – ja, ohne Mann – habe ich es sehr sicher nicht auf die Männer aller anderen Urlauberinnen abgesehen. Nein, ihr dürft sie getrost behalten. Auch wenn ich mich ab und an mit ihnen unterhalte: nee, mehr als das möchte ich nicht.
Ich kann zwar gut für mich sein, aber ab und an quatsche ich halt auch gerne, freue mich, neue Menschen kennenzulernen. Und da wähle ich Gesprächspartner mit einem netten Lächeln und offenen Blick – egal, ob Männlein oder Weiblein.

Allzu häufig werde ich komisch angeschaut und es fällt durch diese befremdlichen Blicke schwer, Kontakte zu knüpfen – schade. Ich wünsche mir sehr, dass sich das mit der Zeit wandelt, dass es „normaler“ wird, dass man als Frau „unbemannt“ unterwegs sein kann.

Trifft das eigentlich auch alleinreisende Männer, frage ich mich?

„Du bist aber stark!“

Sowas bekommt man dann unterwegs zu hören – und wie mutig es doch ist, dass man alleine auf Reisen geht.
Äh? Nee. Mir fehlte vielleicht einfach die Alternative? Oder: ich wollte es genau so? Ich finde es schön so? Bei mir gab es schon beides… Für mich hat das nichts mit Stärke oder Mut zu tun. Ja, vielleicht bleiben andere lieber zu Hause, statt sich solchen Anschauungen zu stellen – aber das hat dann doch im Umkehrschluss überhaupt nichts mit Schwäche und Zurückhaltung zu tun… Oder? Hallo?!

Ich finde, das darf einfach jedermanns und jederfraus ganz persönliche Entscheidung bleiben – ohne Wertung. Basta.

Wie geht es dir in deinem Urlaub? Bist du frei und tust das, was du tun möchtest? Oder fühlst du dich wie ein falscher Fuffziger und würdest dich am liebsten verstecken? Ich wünsche dir, dass du auf dein Herz hörst und tust, was dir gut tut – der Urlaub ist gerade in Trauerzeiten so wichtig, um Kräfte zu sammeln, damit das Weitermachen möglich ist…

Sei immer da wo du jetzt bist ♥

11 Gedanken zu “Immer da…

  1. Warum, um alles in der Welt, sollte ich mich wie ein „falscher Fuffziger“ fühlen, nur weil ich Urlaub mache?! Wenn schon, dann wäre ich eher ein „falscher Sechziger“. Aber das bin ich nicht. Ich bin ein „richtiger Sechziger“. Eine Oma eben. Alleinstehend, seit es den Opa hier auf Erden nicht mehr gibt. Alleinreisend, wenn mir danach zumute ist. Aber da ich zum Glück nicht mehr jung bin und noch nie attraktiv war, hatte ich auch noch nie den Eindruck, dass irgendwelche Frauen eifersüchtig wurden. Warum auch? Ich will keinen mehr, und keiner will eine wie mich, und das passt wunderbar zusammen.

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    1. Hihi, liebe Elke,
      von „Sechzigern“, die man als Währung fälschen könnte, habe ich in der Tat noch nie gehört – du bist also definitiv genau richtig!
      Du klingst sehr geerdet, voll schön! Das mit dem „nie attraktiv“ glaube ich so nicht, aber vermutlich strahlst du einfach dieses Geerdete aus…? Schön jedenfalls, wenn es sich für dich „rund“ anfühlt!
      Herzliche Grüße,
      Anja

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  2. Vor zwei Jahren, zwei Jahre nach dem Tod meines Mannes, habe ich den ersten Urlaub alleine verbracht. Habe mir einen Weg ausgesucht, den Rothaarsteig und bin 8 Tage von Ort zu Ort gewandert. Letztes Jahr war es der Malerweg. Ich liebe es. Die meisten verstehen nicht so wirklich warum ich mich keiner Wandergruppe anschließe. Nö, keine Lust…es gibt unterwegs immer nette Unterhaltungen. Bin nie so entdpannt wie nach diesen Tagen. An andere Urlaubsformen alleine habe ich mich bislang noch nicht ran getraut…aber das kann ja noch….

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    1. Oh, das klingt toll… Alleine wandern zu gehen stelle ich mir sehr meditativ vor – ich glaube, ich würde auch lieber alleine losziehen, ganz selbstbestimmt…
      Vielleicht brauchst du ja auch keine andere Urlaubsform…?
      Und wenn doch, wirst du es spüren!
      Herzliche Grüße,
      Anja

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      1. Es war nicht nur meditativ, es war sportlich, es war Muskelkater, der mit jedem Tag nachließ. Bei der ersten Wanderung waren es rund 160 km in 8 Tagen. Ich hatte keine Ahnung, ob ich es schaffen würde. Aber es war mir egal, ich hatte einfach große Lust dazu und das Gefühl einfach anzufangen, ob ich es beenden kann oder nicht. Ich bin so froh, dass ich es gemacht habe, sonst hätte ich nie erfahren wie sehr es nir gefällt. So mache ich es heute mit vielen Dingen, einfach ausprobieren. Das hat mir schon viele gute Momente beschert. Früher wäre das unmöglich gewesen. Urlaub ohne meinen Mann, der Fels in der Brandung…undenkbar. Aber nun, entweder werden wir mutig…na ja, die Alternative ist auch blöd…
        Liebe Grüße
        Astrid

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    2. Ich habe nach dem Tod meines Mannes einen Sprachurlaub für Menschen 50+ in Italien (Siena) mitgemacht. War sehr, sehr lohnens- und empfehlenswert! Vormittags Sprachunterricht, nachmittags Kulturprogramm mit der Gruppe, alles auf Italienisch, internationale Teilnehmende, die alle auf Italienisch miteinander kommunizierten, auch bei den privaten Abendessen, Unterbringung im Privatquartier bei einer (nur) italienisch sprechenden Witwe passenden Alters mit dazugehöriger Frühstückskommunikation.
      Ansonsten: Ja, Wanderurlaube (allein, ohne Wandergruppe) habe ich auch gemacht, das ist ebenfalls sehr schön und ein bisschen traurig, weil wir mit meinem Mann immer zu zweit gewandert sind und es sehr genossen haben. Ich „zeige“ ihm dann immer per Handy, was mir so auffällt und kommuniziere mit seinem Account, den ich nicht gelöscht habe. Auch wenn mich manche jetzt auslachen werden dafür. Das ist mir wurscht.

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      1. Diese Version von Sprachurlaub klingt toll, liebe Elke – ich frage mich da aber, wie du zu der Zeit mit deiner Trauer umgegangen bist…? Hast du nicht darüber gesprochen? Oder war dein Italienisch schon so gut, dass du die richtigen Worte in einer anderen Sprache finden konntest? Für mich wäre das sehr schwer, auch wenn ich Fremdsprachen sehr liebe – ist Trauer doch schon in der Muttersprache schwer auszudrücken…

        Wer lachen mag über deine Kommunikation mit deinem Mann, möge lachen – ich finde es total schön, dass du deine ganz persönliche Ausdrucksweise gefunden hast und so weiter mit ihm in Kontakt bist <3

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  3. Liebe Anja,
    Ja!, Urlaub ist gerade in Trauerzeiten wichtig. Zum ersten Mal allein reisen mit dem Wissen, der Partner ist nicht dabei, wird nie mehr dabei sein, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. Ich hatte mich der Herausforderung gestellt und bin 10 Tage die Ostseeküste entlang gereist. Vorher gab es schon zwiespältige Gefühle, doch meine Kinder haben mich sehr bestärkt: „Mama, mach es. Du schaffst es und Papa ist doch in Gedanken dabei. Du erzählst ihm doch sowieso alles. Es wird dir gut tun und falls es dir nicht gelingt, steigst du ins Auto und bist in 4 Stunden wieder hier.“ Und es war einfach nur gut: Gespräche mit fremden Menschen, Spaziergänge am Strand, nette persönlich geführte Hotels, viel Zeit mit mir, Tränen und Freude. Allein unterwegs stärkt enorm das Bewusstsein, dass das Leben weiter geht, nur anders.

    Es ist ein Unterschied zwischen „allein reisen als Single“ und „allein reisen als Trauernde“. Komischerweise hatte ich als „Witwe“ auch oft das Gefühl, die Menschen starren mich an, welches vorher niemals aufkam. Doch wenn man da durch ist, geht es immer besser und besser.

    Ganz herzliche Grüße
    Elvira

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    1. Liebe Elvira,

      wie wunderbar – ein Ostseeurlaub! Ich kann gut nachfühlen, dass es ein schwerer, aber schöner Weg für dich war. Toll, dass du es gewagt hast!
      Ja, alleine unterwegs wird es tatsächlich stärker bewusst, dass das eigene Leben – anders – weitergeht.

      Ich grüble schon die ganze Zeit, wie ich es empfinde: war dieses „anders“-Sein beim ersten Urlaub stärker? Oder heute als Alleinreisende?
      Ich habe für mich den Eindruck, dass der erste Urlaub noch irgendwie „Welpenschutz“ hatte. Ich fühlte mich eh irgendwie fremd und da war es selbstverständlicher, dass mich die anderen Urlauber seltsam anschauen – vermutlich war es mir auch einfach egal… In dem Urlaub war es viel leichter, in Kontakt mit anderen Menschen zu kommen – hat das vielleicht einen Faktor „ach, die ist ja Witwe – die tut nichts“? Gibt’s das auch? *lach*

      Ich beobachte das mal weiter ;0)

      Viele herzliche Grüße zurück
      Anja

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  4. Ja, mein Italienisch war zu dem Zeitpunkt gut genug, um in einfachen Worten über Trauer zu reden. Mio marito era morto di qualque mesi, ero veramente molto trista, sai? Das reichte gut; meine Gefühle beschreiben konnte ich immer noch abends an meinem Computer in deutschsprachigen Kurzgeschichten. Und das habe ich auch getan.

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